#reisen
Veröffentlicht: 23.02.2017
Autor: Hansi Stöckl

Die Alpenüberquerung vom Watzmann zu den Drei Zinnen

Die Alternative zum E5

 

Wandern im steinernen Meer im Nationalpark Berchtesgaden

Bergwanderungen von Hütte zu Hütte

Alpenüberquerungen und Wandern liegen voll im Trend. So ist es kaum verwunderlich dass auf den bekannten Bergwanderungen von Hütte zu Hütte der Bär steppt und von der angepriesenen Wanderidylle nicht viel zu Erkennen bleibt. Anders auf der Alpentraversale vom Rande des Königssees bis zu den schroffen Nordwänden der Drei Zinnen. Diese ziemlich neue Wanderwoche ist eine echte Alternative zum bekannten E5. Vor wenigen Jahren hat unser Bergführerkollege Hubert aus Berchtesgaden diese Route probiert und in mühevoller Arbeit zu einer Tour zusammengefügt.
Erst zwei Jahre später bin ich durch einen Ausfall eines Bergführers in den Genuss dieser Tour gekommen. Meine Einleitung bei der Begrüßung meiner Teilnehmer war folgende: „ Ich bin sehr unerfahren was das Wandern betrifft aber wir werden das Boot schon schaukeln“. Tatsächlich war die Tour mein Wanderdebüt da ich bislang beim Klettern, auf Hochtour und auf schwierigen Touren unterwegs war. Wandern war dabei noch nie meine Aufgabe gewesen und ganz ehrlich war es mir bislang zu „langweilig“ erschienen. Ich sollte während der Tour allerdings eines Besseren belehrt werden.

 

1. Etappe Alpenüberquerung
Die Bergwanderung beginnt mit einem touristischen Höhepunkt / Tiefpunkt. Wir waren sehr froh dem Touristen - Hotspot am Königssee möglichst schnell zu entkommen. Der Weg führt zuerst am Ufer des Königssee entlang bis er mit steilen Serpentinen in Richtung der Saugasse und dem Kärlingerhaus führt. Der späte Start am Nachmittag bescherte uns auf dem Weg noch relativ viel Schatten. Wir waren froh der Sommerhitze in die höhere und kältere Bergregion zu entkommen. Abwechslungsreich beginnt die Etappe und immer weiter steigen wir aus dem beengten Tal den Gipfeln und der Hochebene des steinernen Meers entgegen. Das Berchtesgadener Land mit dem Königssee und dem Watzmann liegen vor uns. Nach der Anstrengung durch die „Saugasse“ erreichen wir das Hochplateau des Steinernen Meers. Das Kärlingerhaus liegt idyllisch am Funtensee umrahmt von vielen Berggipfeln. Im Winter werden hier die Rekord Minus Temperaturen von weniger als 40 Grad Minus gemessen. Untergebracht waren wir in Zimmern mit traumhafter Aussicht zum Funtensee. Das herzhafte Abendessen genießen wir auf der Terrasse und besprechen die Tourentage der folgenden Alpenüberquerung.

 

2. Etappe Alpenüberquerung
Heute ist das Wetter nicht optimal aber wir sind sehr froh über den Nebel und die kühlen Temperaturen. Das steinerne Meer wirkt in dieser Nebel - Wolken - Sonne Szenerie besonders mystisch. Drei Stunden dauert die Überquerung der bizarren Karstlandschaft aus Kalk bis wir das Riemannhaus erreichen. Genau zur Mittagszeit freuen wir uns über eine gute Suppe und ein warmes Getränk. Das Riemannhaus liegt exponiert am Sommerstein und in der Nähe der bekannten Schönfeldspitze. Hinunter geht es in steilen Serpentinen und an den Felsen entlang bis kurz vor Maria Alm. Das Taxi für den Weiterweg ins Käfertal wartet bereits auf uns. Nach 20 Minuten Fahrzeit drehe ich mich um und allgemeine Schlafstimmung hat Einzug gehalten… Gut ausgeruht starten wir auf die letzten 200 Höhenmeter dieses abwechslungsreichen Tages. Unterhalb des Wiesbachhorn und Kitzsteinhorn steigen wir auf zur urigen Alm im Käfertal. Die Wirtin erwartet uns bereits mit einem Wassertrog voll Bier, Limo und erfrischenden Kaltgetränken. Die Zimmer sind liebevoll eingerichtet und die Atmosphäre urgemütlich. Der Abend klingt auf der Terrasse und später am Kachelofen aus. Gespannt sind wir auf das gut angekündigte Wetter für den nächsten Tag.

 

3. Etappe Alpenüberquerung
Heute wählen wir einen etwas späteren Start. Das Wetter soll im Laufe des Tages immer besser werden und so genießen wir ein ausgiebiges Frühstück. Vorbei an Kühen und über grüne Wiesen führt die Etappe auf der Alpenüberquerung immer höher dem Passübergang entgegen. Von weitem schon ist das Kreuz auf dem Pass erkennbar. Uns trennen noch etwa 300 Höhenmeter von diesem Zwischenziel. Diese Meter werden es in sich haben. Es geht über ein Schneefeld hinauf und geschlagene Stufen ermöglichen den Wanderschuhen guten Halt. Spannend ist es allemal für die Teilnehmer. Eine Demonstration wie man sich im Falle eines Falles verhält wenn man auf einem Schneefeld ausrutscht ist obligat. Wir nähern uns dem Großglockner und das Gelände wir immer alpiner. Gestern noch war das Gestein dominiert von Kalk. Heute ist es Urgestein mit Granit und Gneis. Ein See breitet sich unter uns auf und Eisschollen schwimmen in dem tiefblauen See. Die Dreitausender die uns umgeben spiegeln sich in der Oberfläche. Der Großglockner kommt ins Blickfeld und diesen majestätischen Anblick genießen wir bei einer ausgiebigen Rast. Wir haben es noch nicht eilig unsere Unterkunft das Glocknerhaus zu erreichen. Zu ruhig ist es hier auf den Wanderwegen um uns zu früh in den Trubel der Glocknerstraße zu stürzen…. Das Glocknerhaus überraschte uns mit einem genialen Wintergarten - Anbau und einem perfekten Abendessen. Das Ganze mit dem Großglockner im Hintergrund der gerade von der untergehenden Sonne angestrahlt wird. Kitsch ist fast der Richtige Ausdruck.

 

4. Etappe Alpenüberquerung
Der Großglockner ist der höchste Berg in Österreich und bekannt für Hochtouren und Klettertouren. Von Kals und von Heiligenblut starten die Bergsteiger zur Besteigung. Die Wanderung der Alpenüberquerung umrundet den Großglockner zur Hälfte. Heute startet die Bergwanderung mit dem Abstieg zum Stausee. Hier kommen die Wassermassen vom restlichen Gletscher der Pasterze und werden zu Energie verarbeitet. Strahlend blau ist der Himmel über uns und die Temperatur ist auf der Höhe von über 2000 Metern sehr angenehm. Im Tal sind es 35 Grad! In Serpentinen führt der Weg hinauf zur Stockerscharte. Fernab von jeglichem Trubel finden wir einen traumhaften Pausenplatz mit Blick auf den Großglockner, den Gletscher der Pasterze und die Hohen Tauern. Immer Höhe halten queren wir am Hang bis zur urigen und schön gelegenen Salmhütte. Zur Mittagszeit kommt uns eine Stärkung gerade Recht und den Gipfel des Großglockners sehen wir nun von Süden. Es zeigt sich bereits der Stüdlgrat und die Erzherzog Johann Hütte. Die Wanderwege sind sehr schön zu gehen und wir treffen so gut wie keine Wanderer auf dem Weg zur Glorer Hütte. Ein paar Schafe und Ziegen sind die Einzigen Weggefährten auf unserer Bergtour zum Lucknerhaus. Die Vegetation wird auf dem Abstieg wieder voller und saftiger. Kühe grasen und die Bauern machen Heu. Wir kommen wieder hinunter bis auf eine Höhe von unter 2000 Metern. Es ist sehr schön den Wechsel der Vegetationszonen zu durchwandern. Am Lucknerhaus werden wir mit einem Begrüßungsschnaps erwartet. Genau das brauchen wir nach einem langen Tag…. Duschen, Sauna und dann ein hervorragendes Abendessen. So fällt die Erholung leicht auf der Alpenüberquerung.

 

5. Etappe Alpenüberquerung
Ein Taxibus bringt uns in der Früh ins Defreggental und erspart uns weite Wege auf Forststraßen und Straßen. Die ersten Meter zur Huberalm verkürzen wir mit dem Sessellift und dann wird es ruhig. Kein einziger Wanderer wird in den nächsten Stunden unseren Weg kreuzen. Handy Empfang gibt es auch nicht auf dieser abgeschiedenen Etappe nach Villgraten. Mehrere Möglichkeiten gibt es und wir wählen nicht den schwierigen Weg über das Degenhorn sondern bevorzugen den Weg über die Arntaler Lenke. Vorbei geht es am idyllischen See in dem sich das Degenhorn spiegelt über Wiesen bis zur Lenke. Schafe und Pferde weiden auf den spärlichen Wiesen auf über 2500 Metern Höhe. Von der Scharte geht es hinab ins lange Tal das zur Unterstalleralm führt. Es wird immer wärmer und an der Alm angekommen freuen wir uns sehr über ein kaltes Getränk. Eine kurze Fahrt bringt uns zur ruhigen Unterkunft in einer Pension in Villgraten.

 

6. Etappe Alpenüberquerung
Heute ändern wir den ursprünglichen Plan der Wanderung über das Markinkele und wählen stattdessen die Tour über das Toblacher Pfändern. Es ist sehr schwül am Morgen und der Anstieg fällt nicht leicht. Viele Bremsen ( bayrisch „Bremer“ ) tyrannisieren uns auf der ersten Stunde des Weges. Mein Ausspruch „Ich erschlag diese sch…. Bremer“ sorgte bei einem norddeutschen Kollegen der tatsächlich aus Bremen kam für etwas Sorge…. Der Grenzkamm über dem Villgraten Tal trennt Südtirol und Österreich. Stellungen und Anlagen aus dem Krieg sind zu sehen bevor der Blick in die Dolomiten reicht. Eine halbe Stunde geht es noch leicht bergan zum Gipfel des Horns und der Ausblick überwältigt die gesamte Wander Truppe. Das Ziel der Alpenüberquerung ist zu sehen. Mächtig stehen die Drei Zinnen und viele bekannte Berge der Dolomiten vor uns. Eine ausgiebige Gipfeleinweisung und eine schöne Rast bei angenehmen Temperaturen. Was will man mehr? Zu Mittag erreichen wir die urgemütliche Bonner Hütte deren Sonnenterrasse einmalig ist. Wir sind in Italien und somit muss natürlich ein Viertel Rotwein her! Kasiserschmarrn und herzhaftes versüßen den Ausblick. Hinunter geht es nach Toblach ins Pustertal und weiter zur Dreischusterhütte. Ein starkes Gewitter bringt wieder angenehme Temperaturen.

 

7. Etappe Alpenüberquerung
Das Finale steht an. Uns ist klar dass wir heute die Ruhe der letzten Tage verlassen werden und uns in den Trubel an den Drei Zinnen stürzen. Der Aufstieg beginnt sehr ruhig durch das wunderschöne Tal in Richtung Drei Zinnen Hütte. Es ist ein magischer Moment nach einer Woche Wandern das Ziel so nahe zu sehen und unter den gigantischen Nordwänden der Zinnen zu stehen. Die Hütte meiden wir und suchen uns ein ruhiges Plätzchen von dem aus wir die Kletterer beobachten können und diese alpine Theater auf uns wirken lassen können. Das Ziel ist der Parkplatz der Auronzohütte wo wir abgeholt werden. Auf dem Weg gibt es noch ein schnelles Radler mit dem wir auf eine unfallfreie und wunderbare Alpentraversale vom Königssee zu den Drei Zinnen anstossen. Wir sind angekommen am Ziel und sprechen bereits über weitere Möglichkeiten und Ziele in den Alpen und außerhalb…..

 

Mein persönliches Fazit zur Wanderung ist sehr positiv ausgefallen! Eine Überquerung der Alpen von Hütte zu Hütte in einer Woche ist etwas Besonderes und hat weniger mit der Schwierigkeit zu tun als mit dem Entdecken der Natur. Veränderungen in der Vegetation und dem Gestein,  andere Baustile in den Tälern, und auf den Almen,  andere Sprache… usw. All dies erlebt man innerhalb einer Woche und das so gut wie aus eigener Kraft. Eine Gruppe entsteht und formt sich aus Einzelpersonen und gemeinsam erlebt man die Natur! Kick, Action und Stress rücken in den Hintergrund und es geht alles etwas ruhiger zu und lässt den Alltag aus der Distanz erleben.

 

Vielen Dank an meine Mitwanderer

 

PS: Wandern in einer kleinen Gruppe macht mehr Spaß...! Ich konnte Kollegen beobachten die mit einem Bandwurm von 12 Personen unterwegs waren...

 

Mehr Eindrücke auf Facebook: https://www.facebook.com/alpinschule/posts/10153511959994913

 

Unterkünfte auf der Alpenüberquerung Drei Zinnen

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