Mein Fußabdruck, mein Beitrag?
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Ja, das ist klar: wir in den wohlhabenden Nationen leben auf zu großem Fuß. Und seit ein paar Jahren reden auch alle über den Abdruck, den wir mit diesen Riesenfüßen hinterlassen. Es geht um den ökologischen Fußabdruck und um den CO2-Fußabdruck, es geht um berechnen, verkleinern und kompensieren. Aber was verdeutlicht dieser Fußabdruck überhaupt? Woher kommt er? Und, wie sinnvoll ist es, den eigenen Fußabdruck zu berechnen?
Vorweg sei einmal sehr deutlich gesagt, dass individuelle kleine Schritte – oder individuelle kleine Fußabdrücke – allein nicht reichen, um den Klimawandel so einzudämmen, wie es notwendig ist, um langfristig einen lebenswerten Planeten zu erhalten. Dafür müssen sich Politik und Wirtschaft jetzt endlich entschieden in Bewegung setzen.
Ein Grund, warum das noch nicht passiert, ist dass wir offenbar als Gesellschaft, also auch in Politik und Wirtschaft (noch) nicht fähig sind, so langfristig zu denken und daraus so vorsorglich zu handeln, wie es für eine gesunde Zukunft notwendig ist. Dabei wird uns – besonders, wenn wir Kinder in unserem Umfeld haben – eindeutig vor Augen geführt, dass wir in einer Folge von Generationen stehen und für die Zukunft mit verantwortlich sind. Es geht beim Klimaschutz längst nicht mehr um eine ferne und abstrakte Zukunft, sondern um die Gegenwart und die ganz unmittelbare Zukunft.
Darüber, dass immer noch zu wenig Klimaschutz passiert, kann man verzweifeln, man kann wütend werden oder frustriert. Aber all das hilft uns auch nicht weiter. Und die beste Medizin gegen Verzweiflung, Wut und Frust ist: Aktivität.
Die Geschichte hat gezeigt, dass ein gesellschaftlicher Umschwung häufig aus einer Bewegung in der Bevölkerung kam. Auch aktuell kann man bei der Klimabewegung beobachten, dass sie dem Thema viel Aufmerksamkeit beschert und diese maßgeblich dazu beigetragen hat, dass einige politische Prozesse zumindest in Gang gekommen sind.
Und damit sei ebenfalls sehr deutlich gesagt: Ohne die kleinen Schritte – oder individuelle kleine Fußabdrücke – bewegt sich im Großen auch nichts.
Wie bei unserer physischen oder psychischen Gesundheit oder im Finanziellen ist es auch mit den natürlichen Ressourcen so, dass wir - wenn wir mehr verbrauchen, als sich auf natürliche Weise im selben Zeitraum regenerieren können – in den „Dispokredit“ geraten. Und da wird das Eis dünn. Um zu berechnen, was wir uns „leisten können“, helfen heute sogenannte Bilanzrechner, mit denen wir ganz einfach und online unseren Fußabdruck ausrechnen können.
Der ökologische Fußabdruck wurde in den 1990er Jahren von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt und hat sich seither als Indikator für Nachhaltigkeit durchgesetzt. Er bildet in Hektar (Wald, Weide, Acker und Meer) ab, wie viel Fläche wir verbrauchen, um alle unsere Lebensmittel (auch Kleidung, Rohstoffe usw.) herzustellen und zu verwerten. Dann setzt er das Ergebnis ins Verhältnis zu den Kapazitäten der Erde und zeigt, wie viel Fläche nötig ist, um die verbrauchten Ressourcen zu erneuern und den entstandenen Abfall zu absorbieren. Weltweit den größten ökologischer Fußabdruck haben die USA, Australien, Russland, Frankreich und Deutschland. Die USA bräuchten (Stand 2022) fünf Erden, um ihre verbrauchten Ressourcen zu erneuern, Deutschland bräuchte drei.(1) Wie stark wir den Planeten überlasten, markiert jährlich der „Erdüberlastungstag“ (Earth Overshoot Day). An diesem Tag übersteigt jeweils die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen. In Deutschland war dieser Tag im Jahr 2023 schon der 4. Mai.(2)
Der CO2-Fußabdruck ist das vergleichbare Tool dazu in Bezug auf die Berechnung der Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Er gibt die Menge von Treibhausgasen an, die durch eine Aktivität oder einen Prozess freigesetzt werden. Man kann ihn, wie den ökologischen Fußabdruck auch, für ganze Staaten oder für Individuen berechnen. Aber auch um die CO2-Bilanz eines Unternehmens, einer Reise, einer Veranstaltung oder einzelner Produkte zu ermitteln. Es werden jeweils alle direkten und indirekten Emissionen, von der Herstellung über die Nutzung bis zur Verwertung und Entsorgung mit einberechnet. Die Angabe der Bilanz erfolgt in der Regel in sogenannten CO2-Äquivalenten (CO2e-eq), da neben Kohlenstoffdioxid auch weitere Treibhausgase wie Methan, Lachgas und andere berücksichtigt werden müssen.(3) Auf Basis der Ergebnisse können konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden, für die es häufig in den Rechnern auch Vorschläge gibt.
Im Pariser Klimaabkommen einigte sich die Weltgemeinschaft zwar auf das verbindliche Ziel, dass sie Erde nicht um mehr als 2°C Grad erwärmen „dürfe“, die Maßnahmen dazu wurden den Nationen aber als freiwillige Beiträge überlassen. Aus diesem 2°C-Grad-Ziel lassen sich die Budgets der einzelnen Länder errechnen, also wie viele Tonnen CO2-Ausstoß jeweils noch mit dem Ziel vereinbar sind. Trotz der aktuell aktiven Maßnahmen, die als Zusagen der Staaten formuliert wurden, sprengen alle Länder ihre Budgets. Spitzenreiter sind laut Statista die Einwohner von Katar, die im Jahr 2021 durchschnittlich rund 35,59 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Kopf verursachten. Im Vergleich dazu war der energiebedingte Pro-Kopf-CO2-Ausstoß von US-Amerikanern mit rund 15 Tonnen etwa halb so hoch(4). Für alle Menschen in Deutschland beträgt das nationale CO2-Budget laut des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU), etwa noch 6,1 Gigatonnen.(5) Pro Kopf dürften wir demnach nur weniger als eine Tonne im Jahr verbrauchen. Davon sind wir mit aktuell durchschnittlich 10,8 Tonnen CO2e-eq pro Person weit entfernt.(6) Für die Einordnung hier ein Beispiel: Ein Hin- und Rückflug in der Economy Class von Deutschland an die Westküste der USA kostet mindestens drei Tonnen CO2e-eq.
Bezüglich des CO2-Fußabdrucks, gilt es aber eine Kontroverse zu beleuchten, die in der gesamten Diskussion um Sinn und Unsinn der Bilanzierung und auch der Kompensierung nicht vergessen werden darf.
Denn bekannt wurde der CO2-Fußabdruck als carbon footprint durch eine fragwürdige Kampagne: 2004 investierte der britische Öl- und Gaskonzern BP an die 250 Millionen Dollar in eine manipulative Werbekampagne. "Wir brauchen eine CO2-Diät“ hieß es damals in großen Lettern auf der Website. Verlinkt wurde das neue Tool für die Berechnung des individuellen CO2-Fußabdrucks. Das Ziel war offenbar, die Aufmerksamkeit von global emissionsstarken Firmen und ihrer Verantwortung am Klimawandel abzulenken und stattdessen die Schuld im individuellen Verbrauch und damit bei den VerbraucherInnen zu fokussieren. Eine solche Kampagne – auch ähnlich erfolgreich – hatte es schon in den 70er-Jahren bezüglich des Plastikmülls in den USA gegeben, die damals von Firmen wie Coca-Cola, einem der größten Produzenten von Plastikflaschen in Auftrag gegeben worden war. Auch BP erreichte mit seiner Aufforderung zur „Diät“ letzten Endes nicht nur, dass CO2-Bilanz-Rechner heute in aller Munde sind, sondern auch dass es jetzt selbstverständlich ist (oder sein sollte), dass wir uns für den Klimawandel (mit-)verantwortlich fühlen. Das ist nicht falsch, und genau deshalb ist die Kampagne so perfide: Ohne in der Sache anfechtbar zu sein, lenkt sie von den großen Verantwortlichen ab und auch davon, sie in die Pflicht nehmen zu müssen. BP beispielsweise produziert nach wie vor nahezu dieselbe Menge Öl und Gas, wie 2004, als die Kampagne veröffentlicht wurde, anstatt beispielsweise in Erneuerbare zu investieren.(7)
Aber auch hier ist es individuell wieder wenig hilfreich, sich über die großen wirtschaftlichen Emittenten aufzuregen und über die noch immer zu unentschiedene Politik zu schimpfen. Das führt höchstens zu mehr Frust. Kehren wir also zurück zu dem oben genannten Satz: Die beste Medizin gegen Verzweiflung, Wut und Frust ist Aktivität.
Der Bereich, in dem wir hier und heute ansetzen können, ist unser individueller Lebensstil. Da können wir sicherlich hie und da auf wohltuende Weise unsere Komfortzone hinterfragen und an unseren Gewohnheiten rütteln.
Eindrücklich ist hierzu eine Rechnung des deutschen Klimawissenschaftlers Ben Marzeion, der als Autor an diversen IPCC-Veröffentlichungen mitwirkte. "Jedes Kilo CO2, das wir aktuell verursachen, wird letztlich dafür verantwortlich sein, dass 10 bis 20 Kilogramm Gletschereis schmelzen. [...] Wenn man einen durchschnittlichen Benziner fährt, verursacht man pro Kilometer etwa 200g CO2. Das lässt sich in etwa 3 Kilogramm geschmolzenes Eis übersetzen. Für jeden Kilometer, den man sein Auto bewegt.“(8) Man muss also kein Mathematiker sein, um sich auszurechnen, dass es einen Unterschied macht, wenn wir in den Zug steigen, anstatt mit dem Auto in die Berge zu fahren.
Und nun kommen wir endlich zu den CO2-Fußabdruck Rechnern selbst.
Mit dem CO2-Schellcheck des Umweltbundesamtes könnt ihr schnell und einfach eine Vorstellung von eurer Bilanz gewinnen, diese im Vergleich zum deutschen Durchschnitt sehen und ihr bekommt Tipps für Möglichkeiten CO2 einzusparen.
Der WWF-Klimarechner braucht zwar etwas länger, ist aber auch genauer. Auch hier gibt es Tipps für den klimafreundlicheren Alltag.
Der Fußabdruck-Rechner für Österreich des österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz (…) funktioniert für in Deutschland lebende Menschen aufgrund des vergleichbaren Lebensstils natürlich auch. Vorteil hier ist das sehr anschauliche Ergebnis am Ende, bei dem gezeigt wird wie viele Erden wir bräuchten, wenn alle so leben würden, wie in der persönlichen Bilanz errechnet.
Natürlich gibt es noch unzählige weitere Fußabdruck-Rechner online. Oft werden auch nur einzelne Komponenten (myclimate), oder die Emissionen aus dem Transport (atmosfair) berechnet. Es gibt aber auch Bundesländer-spezifische Rechner, die lokale Anbieter von z.B. Strom direkt mit angeben. Wenn man den Selbstversuch wagt, spucken verschiedene Rechner auch gern unterschiedliche Ergebnisse aus. Dennoch kann man sich insgesamt einen sehr guten Eindruck der eigenen Wirksamkeit verschaffen. Und man kann sich sicherlich für die ein oder andere Maßnahme zur Reduktion des eigenen Fußabdrucks begeistern lassen.
Nicht zuletzt möchten wir euch jetzt dafür begeistern hier im Magazin dranzubleiben, denn wir werden in den nächsten Wochen noch einige sehr konkrete Tipps geben, wie ihr euere Bergabenteuer noch klimafreundlicher gestalten könnt.
Mehr WissenWieso ist das CO2 so wichtig beim Klimawandel?CO2 (Kohlendioxid) ist das wichtigste Treibhausgas. Kohlendioxid entsteht bei der Verbrennung von Erdöl, Diesel, Gas oder Kohle als auch bei der Verbrennung von Biomasse. Es entsteht auch in der Landwirtschaft (zum Beispiel in der Tierzucht) oder bei industriellen Prozessen, wie das Umweltbundesamt berichtet. Durch die Treibhausgase entsteht der Treibhauseffekt. Die kurzwelligen Sonnenstrahlen treffen auf die Erdoberfläche und erwärmen diese. Die Erdoberfläche gibt einen Teil der Wärme in Form von langwelligen Infrarotstrahlen wieder Richtung Weltall ab. Je mehr Treibhausgase in der Atmosphäre vorhanden sind, umso mehr Infrarotstrahlung wird auf dem Weg ins All zurück auf die Erde geworfen. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt wäre die Erde gefroren und vermutlich ohne Leben. Die vom Menschen verursachten Treibhausgase sind dem Umweltbundesamt zufolge in den letzten Jahrzehnten jedoch so stark angestiegen, dass wir heute mitten in einer Klimaerwärmung stecken. Kohlenstoffdioxid ist ein Treibhausgas, das überwiegend bei der Verbrennung (beispielsweise von Steinkohle, Holz oder Erdgas) in Anlagen und Motoren entsteht. Die jährliche Menge an CO2-Emissionen weltweit nimmt immer mehr zu - in den vergangenen rund sieben Jahren jedoch in einem deutlich geringeren Maße. Laut Prognose wird der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bis 2050 weiter zunehmen. Quellen: Utopia.de: 5 Webseiten mit denen du deine Klimabilanz errechnen kannst Statista: Energiebedingte CO2-Emissionen pro Kopf weltweit nach ausgewählten Ländern im Jahr 2021
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